Textile Entschleunigung

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Als „Textile Entschleunigung“ könnte man die Techniken bezeichnen, die in Monika Küntis Buch Einhängen und verschlingen: Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende beschrieben wird.

Was sehr wissenschaftlich und trocken klingt, offenbart bei genauerem Blick eine uralte textile Technik, um mit einem Faden, dessen Fadenende vorangeführt wird, ein Textil zu erschaffen.

Bekannte Beispiele die auch heute wieder Liebhaber finden sind unter anderem das Netzknüpfen und das Nadelbinden, das in Skandinavien immer noch im Schulunterricht seinen Platz findet. Ja, sogar ein moderner Maschendrahtzaun findet sich in dem Buch als einziges industrielles Produkt aus Einhängemaschen. Ebenso finden sich Beispiele aus der Nautik wie Schiffsfender und Korbwaren wie beispielsweise ein Teppichklopfer.



Der Unterschied von Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende gegenüber dem Stricken und Häkeln ist schnell erklärt: Bei ersterem verwendet man eher kurze Garnstücke, man benötigt maximal eine Nadel und das Arbeitstempo ist eher langsam gegenüber dem Stricken oder häkeln. Auch bei der „technischen“ Entstehung der Gewebe zeigen sich Unterschiede, die genau erklärt werden. Und warum „textile Entschleunigung“? Das liegt daran, dass diese Techniken beispielsweise gegenüber dem Stricken mehr Zeit beanspruchen da immer nur mit Fadenstücken gearbeitet wird.

Das Buch zeigt auf 224 großformatigen Seiten in acht Kapiteln, wie diese Technik aus Schlaufen, Schlingen und Doppelschlingen aufgebaut ist. Im Eingangskapitel spannt die Autorin einen breiten Bogen über die Jungsteinzeit hinweg über alle Kontinente und Zeitalter. Im zweiten Kapitel werden Begriffe erläutert die in den folgenden Kapiteln, die sich mit den Materialien, Hilfsmitteln und der praktischen Durchführung dieser Textiltechnik auseinandersetzen. In weiteren umfangreichen Abschnitten werden Muster und Farben, Abschlusstechniken sowie die gestalterischen Möglichkeiten aufgezeigt. Abgerundet wird das Buch durch eine Galerie eigener und fremder Arbeiten sowie einem reichhaltigen Quellen- und Literaturverzeichnis.


Das Schöne an diesem Buch ist dass es nicht nur historisch und ethnologisch eine umfangreiche Quelle darstellt, sondern auch dazu einlädt, sich selbst praktisch mit diesen textilen Techniken zu beschäftigen. Es wird in genauen Schritt-für-Schritt-Anleitungen gezeigt, wie man eine Arbeit beginnt und diese dann Reihe für Reihe fortsetzt. Es werden Hilfsmittel und genaue Bildstrecken für die unterschiedlichsten Maschenbildungen gezeigt und abschließend erklärt, wie sich der fertige Stoff verhält, beispielsweise in welche Richtung er dehnbar ist oder ob es einen Drall in die eine oder andere Richtung gibt. Besonders praktisch ist eine separate Karte, auf der alle Piktogramme und Kürzel die im Buch verwendet werden, aufgeführt sind. So erspart man sich ständiges Blättern.




Monika Künti hat mit diesem Buch ein unglaublich spannendes Buch verfasst, dass in seinem Umfang durchaus als Standardwerk für diese besondere textile Technik bezeichnet werden darf.



Monika Künti
einhängen & verschlingen
Maschenbildung mit vorangeführtem Fadenende

224 Seiten, 23,5 x 26 cm
durchgehend farbig bebildert, Hardcover
ISBN 978-3-2586-0079-6
€ 49,90



Das Buch wurde mir vom Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.
Dies hat keinen Einfluss auf meine Rezension.


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