Umgangssprachlich „verhaspelt“ man sich wenn man Wörter durcheinanderbringt. Der Ursprung dieses Verbs liegt allerdings in der Tätigkeit des Garn haspelns, also die fertig gesponnene Wolle auf einer sogenannten Haspel zu einem Strang zu wickeln. Verwickelt man sich dabei oder arbeitet man nicht sorgfältig, so hat man sich ebenfalls „verhaspelt“.
Haspeln gibt es in verschiedensten Ausführungen. Man unterscheidet hauptsächlich Schirm-, Scheren- und Mühlenhaspeln sowie Standhaspeln. Während erstere in ihrem Umfang verstellbar sind, sind die meisten Standhaspeln eine fixe Konstruktion. Diese werden dazu verwendet, die Wolle oder den Flachs von der Spinnradspule zum Strang zu wickeln. Meist haben diese fixen Haspeln ein Zählwerk, welches nach einer bestimmten Anzahl von Umdrehungen ein Klacken oder Knacken von sich gibt. Die verstellbaren Haspeln werden hingegen meist dazu verwendet, den bereits gebadeten Strang zu halten, während man ein Knäuel wickelt.
Alle Haspeln haben ihre Bezeichnung von ihrer Konstruktionsweise. Während Schirmhaspeln aus einzelnen, mit Fäden verbundenen Stäben bestehen die wie ein Regenschirm „aufgespannt“ werden, haben Scherenhaspeln eine Konstruktion wie ein Scherengitter. Man zieht sie auseinander und fixiert sie mit einer Schraube in der Mitte. Standhaspeln sind meist wie ein Rad mit mehreren Speichen konstruiert, auf deren Querhölzern das Garn aufliegen kann.
Eine weitere Konstruktionsart ist eine Mühlenhaspel. Sie kann liegend oder stehend konstruiert sein. Hier sind vier Arme wie bei einer Windmühle angeordnet. Sie können im Umfang entweder verschoben werden oder die Arme haben Löcher, in die man die Querhölzer einsteckt und so den Umfang des gewünschten Stranges verändern kann.
Vor kurzem habe ich eine antike Mühlenhaspel auf eBay erworben. Es handelt sich vermutlich um eine viktorianische Haspel, also ein Stück aus dem 19. Jahrhundert. Ob sie aus England stammt kann ich nicht genau sagen, sie könnte auch aus dem heutigen Elsass stammen. Leider befand sich die Haspel in einem eher bemitleidenswerten Zustand und daher bestand einiger Restaurierungsbedarf.
Erst als die Haspel ankam, konnte ich erkennen dass der Apfel, der als Dekor den Fuß der Haspel ziert, nicht aus Holz war, sondern aus Alabaster. Die ganze Haspel war sehr verschmutzt, allerdings nicht von der üblichen Dachbodenlagerung, sondern das Holz hatte einen schwarzbraunen Belag. Das bestärkt meine Vermutung, dass sie zu einer Zeit in Verwendung war, wo es noch kein elektrisches Licht gab und man sich mit Petroleum- oder ähnlichen Lampen begnügen musste. Leider habe ich verabsäumt ein Foto des Apfels zu machen bevor ich ihn gereinigt habe, daher hier ein Foto der Auktion. Deutlich ist auch der Schaden am Haspelaufsatz zu erkennen, mehr dazu weiter unten. Weiters fehlte bei einer Hornverzierung die Eichel und einer der Kränze war beschädigt.
Ich begann damit die Haspel komplett zu zerlegen und vorsichtig zu reinigen. Ich habe erst an einer später unsichbaren Stelle gereinigt um zu sehen ob das Holz durch die Maßnahme angegriffen wird. Es sollte ja nur der Schmutz entfernt werden und nicht eine allfällige Patina. Das war nicht der Fall und so habe ich alle Teile behandelt. Die Verzierungen waren verklebt, ließen sich aber leicht nach einer Wärmebehandlung mit dem Fön lösen. Die feinen Querhölzer, die zum Haspeln des Garnes dienten, waren mit den Armen nur verschraubt. Leider stellte sich heraus dass eines der Querhölzer mit einem starken Kleber eingeklebt worden war. Und dieses Holz war auch angeknackst und ich entschloss mich, es zu ersetzen denn es wäre bei der ersten Belastung durch einen Wollstrang vermutlich gebrochen.
Nun stellte sich die Frage nach dem verwendeten Holz. Ich vermutete, dass das Holz - der Zeit entsprechend - mit einer Schelllackpolitur behandelt worden war. Ich entschied mich für Nussholz, wengleich ich inzwischen vermute, dass es sich bei dem verwendeten Material um Palisander - in englisch Rosewood - handeln könnte. Ich bestellte bei meinen Drechselholzversand einen Pen Blank für die Strebe sowie ein weiteres Stück um die Ausbrüche an der Haspelnabe zu reparieren.
An dieser Stelle einmal mehr einen herzlichen Dank an meinen Holzwurm Rudi der mir immer mit Rat, Tat und Drechselbank zur Seite steht, wenn ich wieder einmal einen holzigen Patienten oder eine Idee habe. Ohne ihn wäre es mir nicht möglich solche Restaurationsarbeiten durchzuführen.
Ich habe also die beschädigten Teile in die Werkstatt gebracht und wir haben zuerst den Haspelarm nachgedrechselt. Das Oberteil haben wir vom Original herausgebohrt und wiederverwendet. Die Ausbrüche an der Nabe habe ich glattgeschliffen. Rudi hat dann zwei Klötzchen geschnitten und diese fest mit dem Bauteil verleimt. Danach wurde für die Haspelarme wieder ausgefeilt, da der Ausbruch etwas größer war als dass die Haspelarme Platz gehabt hätten. Letztendlich wurde das Teil in die Drechselbank eingespannt und außen soweit abgedrechselt dass die Originalform wieder zutage trat. Ich habe dann noch nachgeschliffen, die eingesetzten Teile mit passender Beize behandelt und danach mehrere Schichten Schelllackpolitur aufgetragen.
Alle anderen Teile wurden ebenfalls mit Schellackpolitur behandelt und mit einem weichen Tuch aufpoliert. Die Knochenverzierungen habe ich mit einer Zahnbürste gereinigt. Die eine Verzierung mit der abgebrochenen Eichel habe ich mit dem Dremel glattgeschliffen. Hier möchte ich das Zierelement beizeiten nachbauen und danach einkleben.
Das nachgebaute Haspel-Querholz habe ich als einziges in den Arm geleimt, da Rudi keine Möglichkeit hat, ein Gewinde in Holz zu schneiden. Nach dem Trocknen habe ich mit einem 2,5er-Bohrer unten ein Loch gebohrt und die kleine Knochenperle wieder eingeklebt, ebenso die Verzierungen an der Oberseite. Auch bei den anderen Querhölzern wurden die Knochenverzierungen verklebt. Ich habe dazu Holzleim verwendet da dieser sich - wenn nötig - problemlos entfernen lässt.
Alle anderen Teile der Haspel sind nur gesteckt und geschraubt. Ich habe alle Schraubgewinde mit Bienenwachs eingerieben, sodass sich die Gewinde leichter bewegen lassen und nicht festfressen.
Der Apfel hat ebenfalls an der „Unterseite“ eine Verzierung, der Knospenrest ist ebenfalls ein eingeklebtes Holzelement. An der anderen Seite ist ebenfalls eine Bohrung, hier vermute ich dass einmal ein geschnitzer Stengel oder ein Blatt eingesetzt war, welches leider nicht mehr vorhanden war. Hier werde ich noch recherchieren und gegebenenfalls einen Ersatz fertigen.
Bild der Haspel im Originalzustand aus der Auktion ©muguet2012 |
Die Haspel zerlegt, der Apfel ist bereits gereinigt (vgl. erstes Bild). |
Rechts die „Nabe“ der Haspel mit der ausgebrochenen Stelle (an beiden Seiten ausgebrochen). Deutlich sieht man an der Basis den Verschmutzungsgrad des Holzes. |
Oben der gereinigte Haspelarm, unten der Originalzustand. |
Die Enden der Haspelarme mit Knochenknöpfchen. vorne Original, hinten gereinigt. |
Alle Einzelteile in gereinigtem Zustand. Die zentrale Nabe ist repariert, gebeizt und poliert. der Ersatzarm ganz vorne ist am Endstück ohne Gewinde zu erkennen. |
Die reparierte Stelle der Nabe. |
Die Knochenelemente wieder aufgesetzt und verklebt |
Der Alabasterapfel auf der Basis mit dem aus Holz gefertigen Blütenansatz. |
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